Fürstenfeldbrucker Tagblatt: „Musikalische Reiselust“

Der Dirigent zwischen Chor und Orchester: Bei den A-Capella-Stücken suchte Hans Peter Pairott den direkten Kontakt zu seinen Sängern. FOTO: WEBER

Dirigent sucht die Nähe zu seinen Sängern

Chorgemeinschaft überzeugt bei Premierenkonzert mit ihrem neuen Leiter

VON ULRIKE OSMAN

Fürstenfeldbruck – Von Deutschland nach Schweden, Frankreich, Russland und Finnland, über Irland, England und Italien zurück nach Bayern, und das alles in gut zwei Stunden – zu einem musikalischen Länder-Hopping kreuz und quer durch Europa brach die Chorgemeinschaft Fürstenfeldbruck bei ihrem ersten Konzert unter neuer Leitung auf. Begleitet vom Jugendsinfonieorchester der Städtischen Sing- und Musikschule München gelang den rund 30 Sängern ein Konzert, bei dem sich hörenswerte Raritäten mit geschickt gesetzten Höhepunkten abwechselten. Das Publikum im längst nicht ausverkauften Stadtsaal spendete begeistert Applaus.

Ich darf heute Abend Ihr Reiseleiter sein.“ Mit diesen Worten stellte sich Hans Peter Pairott als neuer Dirigent der Chorgemeinschaft vor. Weniger als fünf Monate, nachdem der 62-jährige den Posten übernommen hat, zeigte sich: Der gebürtige Niedersachse und die Brucker Sänger sind bereits gut zusammengewachsen. Pairott setzt offensichtlich auf Nähe und Augenhöhe. Bei den A-Cappella-Werken verließ er sein Podium und stellte sich direkt vor den Chor im hinteren Bereich der Bühne, nach jedem gelungenen Stück verneigte er sich vor den Mitwirkenden.

Im Programm mischten sich kurze Volkslieder („Winde weh´n, Schiffe geh´n“, „Wieder einmal ausgeflogen“) mit Welt-, Film- und geistlicher Musik sowie einem Ausflug in die Popmusik. „Deutsche Bahn“, ein Song der Vokalgruppe Wise Guys, thematisiert bekannte Problemfelder des Schienenverkehrs, der „zu abgefahrenen Preisen auf abgefahrenen Gleisen“ unterwegs ist. Das Stück sprach sicher jedem leidgeprüften Pendler im Publikum aus der Seele und der Chor hatte sichtlich Spaß an seinem bissigen Text.

Für den Film-Hit „Gabriellas Song“ erschien die international erfolgreiche Opernsängerin Christine Schäfer auf der Bühne – ein bis dahin gut gehütetes Geheimnis. Diesem ersten Höhepunkt des Abends folgten Werke von Gabriel Fauré, der plattdeutschen Band Godewind und dem, wie Pairott anmerkte, „zu Recht vergessenen russischen Komponisten“ Nikolaj Kedrov. Nur bei wenigen seiner Kompositionen lohne es sich, genauer hinzuhören – mit „Pater Noster“ hatte der Chor eine davon ausgewählt. Das monumentale „Finlandia“ von Jean Sibelius verabschiedete das Publikum in die Pause.

Mit einem irischen Volkslied und Auszügen aus der berühmten Friedensmesse des Walisers Karl Jenkins machten Chor und Orchester Station im Westen Europas, bevor es über Italien in die Heimat zurück ging. Ein fulminanter Schluss gelang mit „O Fortuna“ aus Carl Orffs „Carmina Burana“.

Dass das junge Orchester insgesamt überzeugte und mit einigen ausgezeichneten Solisten aufwarten konnte – darunter Julia Theopold und Vanessa Pairott an der Querflöte, Daniela Grepmair am Klavier und Olivier Varlan-Hein am Kontrabass – , macht gespannt auf das, was Pairott in Zukunft noch alles bieten werden. Verstärkung braucht der Chor allerdings nach wie vor. Ein Aufruf von der Bühne und im Programmheft lassen daran keinen Zweifel.