Fürstenfeldbrucker Tagblatt: Slawische Nacht

Entfesselte Furien kontra milden Klang

Tschechische Kammerphilharmonie Prag spielt unter Leitung von Klaus Linkel Werke der Romantik

Von Arno Preiser

Fürstenfeldbruck – Zum zehnjährigen Bestehen der von der Brucker Chorgemeinschaft veranstalteten Serenadenkonzerte bot die Tschechische Kammerphilharmonie Prag unter Klaus Linkel den zahlreichen Besuchern des Stadtsaals ein sehr hörenswertes Konzert mit Musik der slawischen Romantik. Linkel dirigierte temperamentvoll und führte mit starker innerer Anteilnahme durchs Programm. Als bezeichnend für einen böhmischen Walzer sah Linkel die lyrischen, schwermütigen, sowie volkstümlichen Elemente.

Überzeugend gestaltete das Orchester die „Slawischen Tänze“ Antonin Dvoráks als gewichtig wie dann locker, einen anderen als elegisch, weitere in Eilbravour, so die rasante Zugabe. Bei einer „Humoreske“ zeigten sich die Musiker wendig für Leichtigkeit und Beschwingtheit wie dann für breites gefühlvolles Melos. Aus den für einen Ball im National-Casino komponierten „Prager Walzern“ wählten die Musiker einen aus, der charakteristischerweise wegen seinem wechselnden Rhythmus von den Wiener Walzern abweicht.

Begonnen hatte der Abend mit der Ouvertüre zu Michail Glinkas Oper „Ruslan und Ludmilla“ (1842). Der effektvolle Wechsel des energiegeladenen Ruslan-Themas mit Liebes-Melos sowie Pauken- und Trompeten-Getön des bösen Zwerges entsprach dem Werk als Initialzündung slawischer Oper der Romantik. Rasant setzten die Musiker den „Tanz der Komödianten“ aus Smetanas „Verkaufter Braut“ in Bewegung, bis auch hier blühender Klang erfreute. Furien schienen beim „Tanz der Teufel“ in der lustigen Hölle der Dvorák-Oper „Die Teufelskäthe“ entfesselt, bis milder Holzbläserklang folgte. Polternd kam der „Furiant“ der „Verkauften Braut“ daher.

Dass Solisten auf ihren Instrumenten sogar für Opernarien geeignete Töne finden, war mehrmals zu erleben. Beim fröhlichen Dialog „Komm, mein Söhnchen, auf ein Wort“ vertraten Oboist Zdenek Adam (Gründer und künstlerischer Leiter des Orchesters) und der Fagottist den Hans und den Kezal („Verkaufte Braut“) in deren Stimmlage Tenor und Bass. Berührend stimmten die Sologeiger nach sonorem Harfenklang das „Lied der Nixe an den Mond“ (Dvoráks „Rusalka“) an. Das Kammerensemble ersetzte den großen Orchesterapparat von Smetanas „Moldau“ geschickt. Der Solo-Oboist zog in Tschaikowskys „Schwanensee“ eine leuchtende Spur. Julius Fuciks „Marinarella“-Ouvertüre gefiel in ihren wuchtigen wie charmanten Momenten. Rimsky-Korsakows „Hummelflug“ wurde zum Kabinettstück könnerischer Streicherbravour. „Valse triste“ aus Oskar Nedbals Operette „Der faule Hans“ (Prag 1902) beeindruckte als Streicherelegie mit weichem Hornsolo. So wechselten Ohrwürmer mit Raritäten.