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Fürstenfeldbrucker Tagblatt: Italienische Nacht

Große italienische Oper und betörend schräge Geigenkunst

Italienisches Flair brachte Dirigent Klaus Linkel mit dem Westböhmischen Symphonieorchester und der Chorgemeinschaft in den Stadtsaal.
Foto: Weber

Von Klaus Kriesbach

Fürstenfeldbruck – Weniger das Wetter als der Zauber italienischer Komponisten hat der „Italienischen Nacht“ südländisches Flair verliehen. Das Publikum erlebte ein außergewöhnliches Konzert im Brucker Stadtsaal.

Die Chorgemeinschaft Fürstenfeldbruck, das Westböhmische Symphonieorchester Marienbad und namhafte Solisten brillierten unter Leitung von Klaus Linkel mit großer italienischer Oper und anspruchsvoller Instrumentalmusik.

Am Anfang stand die Ouvertüre zur Oper „Semiramis“ von Gioachino Rossini. Er gilt als der größte Charmeur der italienischen Tonkunst. Seine Musik sollte schmeicheln und den sinnlichen Genüssen dienlich sein. Genau dieser Wesensart folgten die Westböhmischen Symphoniker unter der Stabführung von Klaus Linkel. So wurden die elegischen Passagen, von sanftem Hörnerklang begleitet, feinsinnig dargeboten. Martialische Kraft wurde ebenso spürbar wie Momente der heiteren Tonsetzung, deren sich Rossini vor allem zugeneigt fühlte.

Die niederländische Künstlerin Hetty Krist karikierte den berühmten Geiger Nicolò Paganini als Mephisto mit Bocksfuß. So teuflisch sah ihn und seinen diabolischen Bogenstrich auch seine Zeit. Der Violonist Martin Kos hingegen spielte nicht dämonisch, sondern mit bestechender, atemberaubender Akkuratesse und Virtuosität. Das Violinkonzert Nr. 2 in h-moll Opus 7 von Paganini wurde zu einem furiosen Ohrenschmaus. Mit Flageolett-Griffen trieb der Geiger die Töne auf die Spitze, sein Bogen tanzte auf den Saiten und wechselte mit flinkem Pizzicato. War das nun schräg? Es war betörend schräg. Tosender Applaus für Martin Kos und seinen Paganini.

In der Oper „La Sonnambula“, die Schlafwandlerin, von Vincenzo Bellini brillieren Koloraturen wie funkelnde Kaskaden und überschäumendes Belcanto in einem romantischen Melodrama. Die Müllerstochter Amina scheint das Glück ihres Lebens zu finden. Doch die Intrige der Nebenbuhlerin soll das Vorhaben vereiteln. „Ich habe bisher Bellini noch nie gesungen“, sagte Monika Rebholz vor dem Konzert, die als Amina in der Kavatine „Care compagne – Ich bin die Glückliche“ glänzte. „Für ihn war die Musik zweitrangig. Der Gesang mit seinem Wohlklang und seinen Verzierungen war ihm wichtiger.“

Gefühlvoll wurde die Sopranistin Monika Rebholz von einem engagierten und sicher interpretierenden Chor begleitet. Für diesen war die Aufgabe besonders anspruchsvoll, zumal neben dem Musikalischen auch die Originalsprache gefordert war. In jeder Phase war der Chor einfühlsam und fein artikulierend ein verlässlicher Partner der Solisten.

Klaus Linkel hat mit den schönsten Arien, Kavatinen und Duetten aus dieser Oper eine wahre Rarität auf die Bühne gebracht. Sie entsprach ganz dem Geschmack des Publikums. So glänzten ebenso überzeugend Christian Bauer mit strahlendem Tenor und Torsten Frisch mit sonoren Basspassagen. Beide verliehen den Arien und Duetten ihre ureigenen Stimmungsbilder, in die sich der Chor kongenial einbrachte.

Mit stürmischem Applaus wurden die Interpreten vom vollbesetzten Saal gefeiert. Als Dank an das Publikum gab es dafür nochmals das grandiose Finale des 1. Aktes.

Fürstenfeldbrucker SZ: Italienische Nacht

Mit zartem Schmelz

Das Westböhmische Symphonieorchester Marienbad und die Chorgemeinschaft Fürstenfeldbruck wagen sich bei ihrer „Italienischen Nacht“ im Stadtsaal an eher unbekannte Kompositionen.

von Klaus Mohr

Fürstenfeldbruck – Meist zeichnen sich die Konzerte der Chorgemeinschaft Fürstenfeldbruck dadurch aus, dass die Werke des Programms einen hohen Bekannheitsgrad haben. Wer am Sonntag den Stadtsaal zur italienischen Nacht der Chorgemeinschaft besuchte, wurde mit großteils eher unbekannten Werken überrascht. Anders als vielleicht zu erwarten war, standen die großen Musikjubilare des Jahres 2013, Giuseppe Verdi und Richard Wagner, nicht auf dem Programm.

Die Komponisten Gioacchino Rossini, Nicolò Paganini und insbesondere Vincenzo Bellini kann man als Wegbereiter in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts bezeichnen. Mit ihren Werken wurden sie zur unabdingbaren Voraussetzung für ihre Nachfolger, beispielsweise Verdi. Die Neugier darauf war offensichtlich genauso groß wie sonst, denn der Saal war weitgehend ausverkauft. Neben der Chorgemeinschaft Fürstenfeldbruck traten das Westböhmische Symphonieorchester Marienbad sowie die Solisten Martin Kos (Violine), Monika Rebholz (Sopran), Christian Bauer (Tenor) und Torsten Frisch (Bariton) auf. Die Gesamtleitung hatte Klaus Linkel.

Eine Ouvertüre erklingt nicht nur als Eröffnungsstück einer Oper, sondern war auch Auftakt für dieses Konzert. Rossini komponierte 1823 seine Oper „Semiramis“. Das Orchester zeichnete die verschiedenen Motive und Charaktere sehr facettenreich nach, die Rossini mit instrumentatorischer Meisterschaft effektvoll in Klänge gesetzt hat. Insbesondere die pulsierende Vitalität und das präzise Zusammenspiel des Hornquartetts überzeugten das Publikum.

Die Werke Paganinis gehören zum technisch Anspruchsvollsten, was die Violinliteratur bis in unsere Tage zu bieten hat. Nicht umsonst kursierten bereits zur Entstehungszeit Gerüchte, der Komponist stünde mit dem Teufel im Bunde, weil die Stücke, die er sich quasi auf den Leib schrieb, als unspielbar galten. Bis heute haben die Herausforderungen in seinen Werken nicht abgenommen. Dem Solisten Martin Kos stand in Paganinis Violinkonzert in h-Moll op. 7 mit dem Beinamen „La Campanella“ nicht der Teufel zur Seite. Er entfaltete sehr schön tragende Kantilenen auf nicht zu lautem Fundament des Orchesters.

Paganinis Violinkonzert „La Campanella“ verlangt nach aberwitzigen Doppelgriffen.

Die Versiertheit im Umgang mit dem Bogen bezog sich aber auch auf die verschiedenen Stricharten, die das oft zirzensisch-akrobatische Stück bereithält. Hörbare Probleme gab es mit den aberwitzigen Doppelgrippen und der Intonation in der Höhe. Da hätte man sich mehr von den kantabel ausmusizierten Spannungsbögen gewünscht, wie sie manch anderes Violinkonzert in großer Zahl bereithält.

Nach der Pause trat dann auch der Chor auf die Bühne. Es waren Ausschnitte aus der Oper „La Sonnambula“ (Die Schlafwandlerin) von Bellini zu hören, vorgetragen in der italienischen Originalsprache. Obwohl es keine szenische Aktion auf der Bühne gab, vermittelten die farbenreichen Klänge des Orchesters und die deklamatorisch äußerst präsenten Einwürfe des Chores in „Viva Amina“ ein sehr lebensvolles Bild dieser Oper. Ausdrucksstark, aber auch mit zartem Schmelz nahm die Sopranistin den Gestus auf und präsentierte mit viel Temperament eine selbstbewusste Amina.

Schönstes Belcanto legten anschließend sowohl der Tenor als auch der Bariton an den Tag, und auch im Konflikt kamen kräftige Emotionen hoch, wodurch der Schönklang eine kräftige Intensivierung erfuhr. Der Chor artikulierte ausgeglichene Legatobögen, auch im Pianobereich, in „Qui la selva“. Lang anhaltender Beifall forderte am Ende noch die Wiederholung des Akt-Finales heraus.

Eine Italienische Nacht

Stadtsaal im Veranstaltungsforum Fürstenfeld
82256 Fürstenfeldbruck – an der Fürstenfelder Straße

Sonntag, 9. Juni 2013 um 20 Uhr
(Saal-Einlass 19:30 Uhr)

Martin Kos, Solo-Violine

Monika Rebholz, Sopran
Christian Bauer, Tenor
Torsten Frisch, Bariton

Chorgemeinschaft Fürstenfeldbruck
Westböhmisches Sinfonieorchester Marienbad

Klaus Linkel, Dirigent


Zur Einstimmung auf dieses außergewöhnliche Konzert wird auch die Möglichkeit angeboten, eine Eintrittskarte in Kombination mit einem feinen italienischen Buffet ab 17:30 Uhr im Restaurant „Fürstenfelder“ gegen einen Aufreis von 32,- Euro pro Person zu erwerben. So lassen sich kulinarischer und künstlerischer Genuß auf angenehmste Weise vereinen.


Programmfolge

Gioacchino Rossini: Ouvertüre zur Oper »Semiramis«

Nicolo Paganini: Violin-Konzert in h-moll Op. 7 (La Campanella)

  • Allegro maestoso
  • Adagio
  • Rondo Allegretto moderato (Glöckchen-Rondo)

Pause

Vincenzo Bellini: »La sonnambula« (Die Schlafwandlerin)

Arien, Duette und Chöre aus der gleichnamigen Oper

  • Introduction und Chor
    »Viva Amina«
  • Chor der Dorfbewohner
    «In Elvizia non v’ha rosa – Eine frische Alpenrose«
  • Rezitativ und Kavatine der Amina mit Chor
    »Care compagne – Liebe Freunde«
  • Duett Elvino/Amina mit Chor
    »Prendi – Nimm den Ring der Treue«
  • Kavatine und Arie des Rudolfo mit Chor
    »Vi raviso – Ich seh’ euch wieder«
  • Introduction und Chor aus dem 2. Akt
    »Qui la selva – Vor des Tages Schwüle schützt das Dach der herrlichen Buchen«
  • Duett Rudolfo/Amina
    »Oh ciel – Oh Gott, was wag’ ich«
  • 1. Akt Finale – Schluss-Sequenz
    »Non piu nozze – Wir sind getrennt«