Fürstenfeldbrucker Tagblatt: 80 Jahre voller Leidenschaft für den Gesang: „Singen bedeutet mir alles“


Ehrung bei der Chorgemeinschaft: Roswitha Heine mit (v.l.) Erika Denk, Barbara Jenett Jones, Katharina Beer-Pfaller, Monika Aneder, Chorleiter Hans Peter Pairott, 2. Vorsitzender SKR Michael von Farkas und Vorsitzende Ulrike Wurmstein. © Uwe Leistikow

Von: Ulrike Osman

Roswitha Heine (85) hat ihr Leben dem Gesang gewidmet. Seit sie fünf Jahre alt ist, singt sie in Chören. Ihre bemerkenswerte Karriere wurde nun gewürdigt.

Fürstenfeldbruck – Singen ist ihr Leben, das kann man von Roswitha Heine wahrlich behaupten. Seit sie fünf Jahre alt ist, singt die heute 85-Jährige im Chor. Seit 45 Jahren gehört sie der Chorgemeinschaft Fürstenfeldbruck an. Und ans Aufhören denkt sie noch lange nicht.
Wenn Roswitha Heine als Kind mal alleine aus der Wohnung flitzte, brauchten ihre Eltern nicht lange nach ihr zu suchen. Sie mussten nur dem Gesang folgen. „Man hat mich immer schnell gefunden“, erinnert sich die mittlerweile 85-Jährige und lacht. Das Singen bereichert ihr Leben bis heute.
„Meine Mutter hatte eine wunderschöne Alt-Stimme“, erzählt Roswitha Heine. Kein Wunder also, dass sie schon in frühester Jugend zahlreiche Lieder lernte. Mit fünf Jahren sang die gebürtige Wuppertalerin im Rheinischen Kinderchor, später im Jugendchor, mit dem sie in Skandinavien, Belgien und Frankreich auftrat. Einer der Höhepunkte war die Mitwirkung an einer Konzertmesse in Notre-Dame.
1976 wurde Roswitha Heine in den Chor der Konzertgesellschaft Wuppertal aufgenommen – „eine große Ehre“, wie sie erzählt. Den Chor leitete der damalige Chef des Wuppertaler Opernhauses, Generalmusikdirektor Hanns-Martin Schneidt. Er ließ Anwärter einzeln vorsingen.
Nach Roswitha Heines Vorsingen herrschte Schweigen. Dann entbrannte unter den Stimmführern ein Streit, alle wollten die Neue für sich. „Ich habe einen sehr großen Stimmumfang“, erzählt die heute in Olching lebende Seniorin. Sie kann im Sopran singen, im Alt, sogar im Tenor.
Musiktheorie hatte ihr nie jemand beigebracht, auch kein Notenlesen. Doch das alles erarbeitete sie sich selbst. Partituren lernte sie auswendig. Vor dem strengen Chorleiter – der bei den Proben mit gespitzten Ohren die Reihen abschritt und Sänger zum Aussetzen verdonnerte, wenn sie nicht in der exakten Tonlage waren – brauchte ihr nie bange zu sein. Sie wurde oft für Soli ausgewählt, sang auf Schallplatten.
1980 zog die Industriekauffrau („ich bin ein Zahlenmensch, mein Lieblingsfach in der Schule war Mathe“) mit ihrem Mann und den zwei gemeinsamen Kindern nach Bruck, wo sie die Buchhaltung in einer Steuerkanzlei übernahm – und zunächst keine musikalische Heimat hatte. Schnell war ihr klar: „Das geht so nicht. Ich muss unbedingt wieder singen.“
Eine Kollegin nahm Roswitha Heine mit zur Brucker Chorgemeinschaft, der sie nunmehr seit 45 Jahren angehört. Obendrein singt sie im Kirchenchor von St. Magdalena, beteiligt sich an Projektchören und stand auch schon als Gastsängerin mit dem Philharmonischen Chor auf der Bühne.
Von Mozart-Klassik bis moderne Werke
Eigentlich sei sie eine Mozart-Interpretin mit Schwerpunkt Kirchenmusik, erzählt die mehrfache Groß- und Urgroßmutter. Aber moderne Chorsätze liebe sie genauso. „Singen bedeutet mir alles. Und ich bin so froh, dass ich auch im hohen Alter noch einen Lebensinhalt habe.“
Seit vier Jahren ist die Seniorin verwitwet, im nächsten Monat feiert sie ihren 86. Geburtstag – was sie nicht davon abhält, sich neben dem Singen im Vorstand der Chorgemeinschaft zu engagieren. Von der Vorsitzenden Ulrike Wurmstein wurde ihr kürzlich die Auszeichnung des Bayerischen Sängerbunds für 80 Jahre aktives Singen verliehen.