Doppelt gebetet
Die Chorgemeinschaft Fürstenfeldbruck feiert mit einer Messe und einer Matinee im Kloster ihr 150-jähriges Bestehen
Von Edith Schmied
Fürstenfeldbruck – Von so viel Lob und Anerkennung, wie es der Chorgemeinschaft Fürstenfeldbruck zur 150-JahrFeier zuteil wurde, kann ein Jubilar nur träumen. Um seine Wertschätzung auszudrücken, bediente sich Pfarrer Albert Bauernfeind beim Festgottesdienst am Sonntag in der Klosterkirche sogar der Worte Martin Luthers. „Singen heißt doppelt beten“, sagte Bauernfeind, der aber auch noch eigene Worte fand für die große Feier. „Die Chorgemeinschaft ist die Tür zum Leben“, stellte er fest und, „wo kein Gesang, da ist kein Leben“. So gesehen gab der Chor in der „Missa Festiva“, die ihr Leiter KIaus Linkel eigens für den feierlichen Akt komponiert hatte, ein deutliches Lebenszeichen von sich. Die rund 60 Sänger, dazu Yeni Yun an der Orgel und Solistin Christina Gerstberger vom Gärtnerplatztheater nützten die Akustik der KIosterkirche zu einem beeindruckenden Klangerlebnis.
In der anschließenden Matinee im Barocksaal des KIosters genossen die geladenen Gäste die vielseitige Harfenistin Nora Sander und erfuhren einiges über die Geschichte des ältesten, eingetragenen Vereins in Fürstenfeldbruck, wo im Gründungsjahr der Chorgemeinschaft vor 150 Jahren gerade mal 2800 Einwohner lebten. Allerdings nannten sich die, wie damals üblich, ausschließlich männlichen Mitglieder natürlich „Männergesangverein“. Wie es seinerzeit zuging, zeigten Helga Lindner und Konrad Buchner als Ehepaar Dellinger, (Joseph Dellinger war einer der Vereinsgründer) in einem kurzen Sketch. Erst viel später, als die Frauen massiv an die Notenblätter drängten, erfolgte 1970 die Umbenennung des Vereins in Chorgemeinschaft Fürstenfeldbruck MGV. Respekt hatte sich der „hochverehrte Damenchor“ schon früher verschafft, wie eine „Danksagung der Herren“ von 1921 belegt. Diese und noch weitere Kuriositäten hatte Ingeborg Schreiber in der historischen Ausstellung zusammengetragen.
Zum Beispiel den ersten „Sängerpass“ von 1861, der zum hospitieren in anderen Gesangvereinen berechtigte. Ausgestellt war er auf Heinrich Meier: Stimmlage „Basso secondo“, Aussprache deutlich, Ausdauer sehr gut. Bei ihrer Suche nach historischem Material hatte Schreiber sogar eine Feldpostkarte an den Männergesangverein aus dem ersten Weltkrieg von 1914 gefunden. Wie hoch angesehen das Militär 1878 noch war zeigt eine Veranstaltung zu Ehren der Ankunft des „2. Bataillons des kgl. Infant. Regiments“.
Dass es nicht immer nur todernst zuging, bewiesen die Sänger etwa mit Einladungen des „Gmoa Ausschuss von Brüllhausen“ zu Fasching oder zur Silvesterfeier mit Christbaumversteigerung. „Wer singt, der muss auch löschen“, erkannte auch schon Ferdinand von Miller. Der berühmte Erzgießer schenkte den Sängern die Kuppe des kleinen Fingers der Bavaria. Es ist der Guss der Originalform als drei Liter fassender, kupferner Humpen mit Deckel.
Zu den Gratulanten gehörte am Sonntag neben etlichen Gesangskollegen auch der Fürstenfeldbrucker Oberbürgermeister Sepp Kellerer. Er überreichte Ludwig Lösch das Bayerische Wappentier, einen Löwen in Porzellan, wohl wissend dass der aktuelle Vorsitzende der Chorgemeinschaft nicht nur ein überzeugter Sänger, sondern auch ein bekennender Bayernfan ist. Ein Abonnement aufs Festreden hat offensichtlich die Familie Goppel. Alfons Goppel tat es schon vor 50 Jahren in Fürstenfeldbruck, sein Sohn Thomas war, als Präsident des Bayerischen Musikrates, an diesem Sonntag an der Reihe. „Drei Kriege und zwei Geldentwertungen in den letzten 150 Jahren“ habe die Chorgemeinschaft überstanden, sagte Goppel, der die Sängerinnen und Sänger zudem dafür lobte, einen „Beitrag zur Vielstimmigkeit“ in Fürstenfeldbruck zu leisten.
So wie die Chorgemeinschaft jetzt dasteht, ist dem langjährigen Vorsitzenden Ludwig Lösch auch um die nächsten 50 Jahre nicht bange. „Wir sind ein anatomisches Wunder“, behauptete Lösch. „Der Sängerbund, die Mutter aller Chöre, ist genauso alt wie wir, ihre Kinder“. „Trotzdem haben wir nicht das ewige Leben“, gab er zu bedenken. „Das hat nur das Ordinariat München.“