Slawische Meisterwerke reißen zu Begeisterungsstürmen hin
Von Klaus Kriesbach
Fürstenfeldbruck – Bravorufe und stehende Ovationen hat es beim Konzert „Meisterwerke Slawischer Musik“ im Stadtsaal gegeben. Anlass für die Euphorie war das Philharmonische Orchester Györ aus Ungarn mit seinen 77 Instrumentalisten, das zu den drei besten Symphonieorchestern des Landes zählt. Das war in jeder Phase des phänomenalen Konzertes zu hören. Die Chorgemeinschaft brachte mit 70 Sängern ein stattliches Stimmvolumen auf die Bühne. Nach über 30 Jahren bei diesem Chor fügte Dirigent Klaus Linkel seiner musikalischen Arbeit ein Glanzlicht hinzu. Mit diesem Konzert blickte er tief in die Empfindsamkeit der slawischen Seele.
Die „Rumänische Rhapsodie“ Nr. 1 von Georges Enesco stand am Anfang. Das Eröffnungsthema ist einem volkstümlichen Trinklied nachempfunden. Die weiteren Sequenzen sind munteren Tanzweisen der Zigeuner aus den Karpaten entlehnt. Das Werk besticht durch den ständigen Wechsel des Zeitmaßes. Es verleiht ihm durch die mehrfache Verschiebung des Klangcharakters tönende Vielfalt und filigrane Ausdruckskraft.
Zuweilen werden die Polowetzer Tänze aus der Oper „Fürst Igor“ von Alexander Borodin als ein reines Konzertstück aufgeführt. In Fürstenfeld war es eine monumentale Chordarbietung mit großem Orchester. Zur Zerstreuung des gefangenen Fürsten Igor lässt der Khan der Polowetzer die Tänze mit Gesang junger Mädchen darbieten. Gleich zu Anfang werden die Stimmen vom elegischen Ton eines Englisch-Horns romantisch getragen. Borodin stellt gegensätzliche Kulturen gegenüber und verwendet Tonelemente, die orientalisch aber auch barbarisch veranlagten Polowetzer charakterisieren. Maurische treffen auf kaukasische Klangfarben und verleihen dem Werk jene Ausdruckskraft, die ihre Beliebtheit seit der uraufführung kennzeichnet. Die Chorgemeinschaft und das kongenial musizierende Orchester zeichneten mit der Gesangsfassung ein buntes Bild dieses fremdartigen Kulturkreises, das in dem nuancierten Wechsel zwischen Forte und Piano, sowie in dezidierten Crescendi die romentischen Gesangspassagen akzentuierte. Wuchtige Paukenschläge symbolisierten den stampfenden Tanzrhythmus.
Mit Blick auf seine vorherigen Symphonien überkamen Peter Tschaikowsky vor der Entstehung seiner Symphonie Nr. 5, e-moll op. 64 dunkle Zweifel. Sollte er sich ganz dem Schicksal ergeben oder alles der Vorsehung überlassen? In dieser Grundstimmung ist das Werk entstanden. Seine Fünfte bestach in Fürstenfeld durch eine überquellende Farbigkeit der Temperamente. Voller Trauer intonierten die Klarinetten den ersten Satz und führten zum durchgehenden Schicksalsmotiv. Ein glückseliger Walzer-Rhythmus mündete bald dramatisch in eine ungestüme Coda. Das elegische Horn-Solo des zweiten Satzes steht mit seinem gesanglichen Charakter für den lyrischsten Einfall des Komponisten in diesem Werk, der später schwärmerisch von der Klarinette zur Hymne auf das Glück erhoben wird. Den Sieg über das Schicksal bekundete ein stolzer Marsch gegen Ende.