Archiv der Kategorie: Presse

Fürstenfeldbrucker SZ: Italienische Nacht

Mit zartem Schmelz

Das Westböhmische Symphonieorchester Marienbad und die Chorgemeinschaft Fürstenfeldbruck wagen sich bei ihrer „Italienischen Nacht“ im Stadtsaal an eher unbekannte Kompositionen.

von Klaus Mohr

Fürstenfeldbruck – Meist zeichnen sich die Konzerte der Chorgemeinschaft Fürstenfeldbruck dadurch aus, dass die Werke des Programms einen hohen Bekannheitsgrad haben. Wer am Sonntag den Stadtsaal zur italienischen Nacht der Chorgemeinschaft besuchte, wurde mit großteils eher unbekannten Werken überrascht. Anders als vielleicht zu erwarten war, standen die großen Musikjubilare des Jahres 2013, Giuseppe Verdi und Richard Wagner, nicht auf dem Programm.

Die Komponisten Gioacchino Rossini, Nicolò Paganini und insbesondere Vincenzo Bellini kann man als Wegbereiter in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts bezeichnen. Mit ihren Werken wurden sie zur unabdingbaren Voraussetzung für ihre Nachfolger, beispielsweise Verdi. Die Neugier darauf war offensichtlich genauso groß wie sonst, denn der Saal war weitgehend ausverkauft. Neben der Chorgemeinschaft Fürstenfeldbruck traten das Westböhmische Symphonieorchester Marienbad sowie die Solisten Martin Kos (Violine), Monika Rebholz (Sopran), Christian Bauer (Tenor) und Torsten Frisch (Bariton) auf. Die Gesamtleitung hatte Klaus Linkel.

Eine Ouvertüre erklingt nicht nur als Eröffnungsstück einer Oper, sondern war auch Auftakt für dieses Konzert. Rossini komponierte 1823 seine Oper „Semiramis“. Das Orchester zeichnete die verschiedenen Motive und Charaktere sehr facettenreich nach, die Rossini mit instrumentatorischer Meisterschaft effektvoll in Klänge gesetzt hat. Insbesondere die pulsierende Vitalität und das präzise Zusammenspiel des Hornquartetts überzeugten das Publikum.

Die Werke Paganinis gehören zum technisch Anspruchsvollsten, was die Violinliteratur bis in unsere Tage zu bieten hat. Nicht umsonst kursierten bereits zur Entstehungszeit Gerüchte, der Komponist stünde mit dem Teufel im Bunde, weil die Stücke, die er sich quasi auf den Leib schrieb, als unspielbar galten. Bis heute haben die Herausforderungen in seinen Werken nicht abgenommen. Dem Solisten Martin Kos stand in Paganinis Violinkonzert in h-Moll op. 7 mit dem Beinamen „La Campanella“ nicht der Teufel zur Seite. Er entfaltete sehr schön tragende Kantilenen auf nicht zu lautem Fundament des Orchesters.

Paganinis Violinkonzert „La Campanella“ verlangt nach aberwitzigen Doppelgriffen.

Die Versiertheit im Umgang mit dem Bogen bezog sich aber auch auf die verschiedenen Stricharten, die das oft zirzensisch-akrobatische Stück bereithält. Hörbare Probleme gab es mit den aberwitzigen Doppelgrippen und der Intonation in der Höhe. Da hätte man sich mehr von den kantabel ausmusizierten Spannungsbögen gewünscht, wie sie manch anderes Violinkonzert in großer Zahl bereithält.

Nach der Pause trat dann auch der Chor auf die Bühne. Es waren Ausschnitte aus der Oper „La Sonnambula“ (Die Schlafwandlerin) von Bellini zu hören, vorgetragen in der italienischen Originalsprache. Obwohl es keine szenische Aktion auf der Bühne gab, vermittelten die farbenreichen Klänge des Orchesters und die deklamatorisch äußerst präsenten Einwürfe des Chores in „Viva Amina“ ein sehr lebensvolles Bild dieser Oper. Ausdrucksstark, aber auch mit zartem Schmelz nahm die Sopranistin den Gestus auf und präsentierte mit viel Temperament eine selbstbewusste Amina.

Schönstes Belcanto legten anschließend sowohl der Tenor als auch der Bariton an den Tag, und auch im Konflikt kamen kräftige Emotionen hoch, wodurch der Schönklang eine kräftige Intensivierung erfuhr. Der Chor artikulierte ausgeglichene Legatobögen, auch im Pianobereich, in „Qui la selva“. Lang anhaltender Beifall forderte am Ende noch die Wiederholung des Akt-Finales heraus.

Fürstenfeldbrucker Tagblatt: Neujahrskonzert 2013

Beim Neujahrskonzert spielt der Bariton die erste Geige

Thorsten Frisch (l.) spielte den Herzensbrecher. Foto: Voxbrunner

Von Klaus Kriesbach

Fürstenfeldbruck – Es gibt Konzerte, bei denen kann man sich im Vertrauen auf einen Ohrenschmaus vom ersten Einsatz des Orchesters erwartungsvoll zurücklehnen. Diesem Anspruch werden die Neujahrskonzerte der Chorgemeinschaft Fürstenfeldbruck seit vielen Jahren gerecht. Chorleiter und Dirigent Klaus Linkel versteht es immer wieder, ein Programm anzubieten, welches zum Jahresbeginn das heitere Genre in den Vordergrund stellt. Dazu hatte er sich in diesem Jahr das Leipziger Symphonieorchester, Christina Gerstberger (Sopran), Christian Bauer (Tenor), Torsten Frisch (Bariton) und die Chorgemeinschaft Fürstenfeldbruck an seine Seite geholt. Er wählte für sein Vorhaben zwei Komponisten aus, deren Melodien immer noch Operettenseligkeit garantieren.

Jacques Offenbach, der in Köln geborene Tausendsassa flotter Operetten, hatte ein Faible für die griechische Antike. So strotzt seine Operette „Die schöne Helena“ von zündenden Melodien, die sowohl in Dur als auch in Moll daherkommen und von Christine Gerstberger (Helena), Christian Bauer (Paris) und Torsten Frisch (Menelaos) in griechischen Kostümen dargeboten wurden. Orchester, Solisten und der Chor überreichten spritzig und humorvoll dieses melodische Bukett von Ohrwürmern.

Die schmissige Ouvertüre des vorzüglichen Orchesters vermittelte Musikvergnügen, glänzend disponierte Solisten entführten in die griechische Mythologie. Ein engagiert singender Chor meisterte selbst die vom Librettisten erdachten und von Offenbach in Töne gesetzten Zungenbrecher. Auf dem Berge Ida kürt Paris unter Aphrodite, Athene und Hera mit der Überreichung eines Apfels das „Griechische Next Top Model“. Seine Wahl fiel auf Aphrodite und die hatte ihm dafür die schöne Helena versprochen. Die ist von dem Jüngling entzückt und wird sogar zickig, als die beiden vom gehörnten Gatten Menelaos in flagranti ertappt werden. Der Trojanische Krieg war wegen dieser Liaison nicht mehr zu verhindern.

Der zweite Teil gehörte dem Walzerkönig Johann Strauß Sohn. Jedes Libretto konnte er mit sprühender Lebensfreude erfüllen. Er nannte seine Operetten stets komische Opern und eine davon ist „Eine Nacht in Venedig“. Dort schildert er das amouröse Ränkespiel während des Karnevals in der Lagunenstadt und eine Menge amüsanter Verwechslungen. In einem großen Querschnitt ließen Orchester, Solisten und Chor sich von der spritzigen Musik infizieren und das muntere Treiben zu Füßen von San Marco auf der Stadtsaalbühne lebendig werden.

Bariton Torsten Frisch war verstimmt, weil nur Tenöre als Herzensbrecher gelten. So baggerte er mit „Dunkelrote Rosen“ die Moderatorin Lilli Linkel an, die ihre Aufgabe auch in diesem Konzert wieder mit Charme und Esprit erfüllte. Tenor Christian Bauer konterte prompt und ließ mit dem Lagunen-Walzer die Herzen der Damenwelt schmelzen. Alle Künstler erfreuten danach mit einem fulminanten Finale.

Der Schnellpolka „Leichtes Blut“ von Johann Strauß Sohn war schmissige Zugabe und Christian Bauer schilderte in einem Chanson von Georg Kreisler „Mein Weib will mich verlassen“ einen unerfüllten Traum. Nach dem obligatorischen Radetzky-Marsch mischte sich tosender Applaus unter den von der Decke taumelnden Goldregen.

Fürstenfeldbrucker SZ: Neujahrskonzert 2013

Der Gesang der Liebe

Die Chorgemeinschaft Fürstenfeldbruck erfreut das Publikum im Stadtsaal mit Operettenmelodien.
Die Musiker aus Leipzig und die Sänger der Chorgemeinschaft konnten sich beim Neujahrskonzert aufeinander verlassen – ebenso wie auf die Solisten (im Bild oben Tenor Christian Bauer).. Foto: Günther Reger

Von Klaus Mohr

Fürstenfeldbruck – Operetten gibt es nur, weil es die Liebe gibt. Geschichten über die Liebe aber können nur entstehen, wenn sich Verwechslungen, Verkleidungen und unwahrscheinliche Zufälle zwischen die Liebenden stellen. Zwar ist der „Kern“ heute so aktuell wie zu allen Zeiten, der Rahmen allerdings wird oft als verstaubt und überholt abgelehnt, weshalb viele Operetten von den Bühnen verschwunden sind. Aus diesem Umstand entwickelte die Chorgemeinschaft Fürstenfeldbruck unter der Leitung ihres langjährigen Dirigenten Klaus Linkel eine tragfähige Idee für ihr traditionelles Neujahrskonzert im ausverkauften und festlich geschmückten Brucker Stadtsaal: Sie betitelten ihr Konzert mit „Die Liebe in Dur und Moll“, wobei der Schwerpunkt eindeutig auf den positiven Seiten der Liebe lag (also „Dur“). Für die beiden Konzerthälften wählten sie zwei ganz unterschiedliche Operetten aus, entnahmen ihnen die schönsten Szenen und Melodien und reihten diese, verbunden durch die moderierenden Worte von Lilli Linkel, zu einer unterhaltsamen Folge.

Die Chorgemeinschaft wird vom Leipziger Symphonieorchester begleitet

Es war jedoch nicht entscheidend, ob man über die Handlungsstränge im Detail Bescheid wusste. Die Kraft der Musik und die Sogwirkung von Rhythmen und Melodien waren stark genug, den Spannungsbogen über den ganzen Abend aufrecht zu erhalten. Unterstützt wurde die Chorgemeinschaft durch das aus etwa 30 Musikern bestehende Leipziger Symphonieorchester – ein professioneller Klangkörper – auf den Musikalisch absolut Verlass war. Als Solisten wirkten Christina Gerstberger (Sopran), Christian Bauer (Tenor) und Torsten Frisch (Bariton) mit.

Ausschnitte aus Jacques Offenbachs „Die schöne Helena“, ein typisches Beispiel für die französische Operette des 19. Jahrhunderts, erklangen im ersten Teil. Um Griechenland als Schauplatz des Geschehens auch optisch zu verdeutlichen, waren die Chordamen alle schwarz gekleidet und sich einen silbrig glänzenden Lurexschal um den Hals gelegt, während die Solisten Andeutungen antiker Gewänder trugen. Auf die Ouvertüre setzte der Frauenchor tonschön auf der Basis des Bläser- und Streicherklangs als Chor der jungen Mädchen ein. Überzeugend verzahnt waren der Bariton in der Rolle des Menelaus und der Chor im Couplet „Bin Menelaus der Gute“. Klaus Linkel erreichte hier und an vielen anderen Stellen eine ausgezeichnete Textdeklamation im Chor, die auf hoher rhythmischer Präzision fußte. Seine motivierenden Gesten forderten immer wieder höchste Konzentration und steten Blickkontakt zwingend ein.

Die Musik von Johann Strauss ruft sommerliche Gefühle hervor

Sommerliche Gefühle kamen bei den Ausschnitten aus „Eine Nacht in Venedig“ von Johann Strauss in der zweiten Konzerthälfte auf, nicht zuletzt durch die ganz bunten Festkleider, die die Chordamen trugen. Zum Glanzstück wurde der Aufzugsmarsch „Horch, von San Marco der Glocken Geläut“, bei dem der Chor, das Orchester und die Solisten eingebunden waren und gerade dadurch der Eindruck einer wunderbaren klanglichen Einheit entstand.

Hervorragend war die Idee, die Rolle des Baritons aufzuwerten und in die Dramaturgie der Veranstaltung derart einzubauen, dass auch zwei Arien aus anderen Operetten bruchlos integriert werden konnten. Bedauerlich war, dass die Solisten mit Mikrofonen ausgestattet waren, die den Klang nicht nur „live“, sondern auch aus den Lautsprechern an die Ohren der Zuhörer brachten. Eine Notwendigkeit war nicht ersichtlich, denn die qualitätvollen Stimmen hätten auch so problemlos in der richtigen Balance zum Orchester agieren können. Hier wäre ein Weniger an Technik eindeutig ein Mehr an Musik gewesen.

Es gehört zu den Gewohnheiten dieses Konzertes, dass das ausgedruckte Programm nicht sämtliche am Abend gespielten Stücke aufführt. So war es auch am Dienstag, und auf zwei Zugaben und die besten Wünsche des Dirigenten an das Publikum für das Jahr 2013 folgte noch – wie beim berühmten Wiener Neujahrskonzert – der Radetzky-Marsch. Reichlich Beifall gab es für alle Musiker und viele Menschen verließen den Saal mit glücklichen Gesichtern.