Alle Beiträge von Helga Lindner

Fürstenfeldbrucker Tagblatt: Liverpool Oratorium

Die Chöre glänzen mit Pfiff

Chorgemeinschaft MGV Bruck führt Liverpool-Oratorium auf

VON RAFAEL SALA

Fürstenfeldbruck – Solch ungewöhnliche Klänge in Bayerns Barock-Perle Kloster Fürstenfeld? Während draußen die mittelalterlichen Barden tanzten und Schmiede auf glühendes Eisen hämmerten, ging es drinnen reichlich modern zu: Gut besucht war das Gotteshaus zur Premiere von Paul McCartneys Liverpool-Oratorium.

Der wahrscheinlich berühmteste lebende Pop-Star hat ein einziges Mal in seinem Leben den Anker in schöngeistige Gewässer ausgeworfen. Gott sei Dank ist es dabei geblieben. Die Tatsache, dass das Werk des Ex-Beatle-Sängers im Raum München erstmals 15 Jahre nach seiner Entstehung aufgeführt wird, spricht für sich. Denn es ist immer so eine Sache, wenn es Rock-Musiker in die Klassik drängt – meist wird nichts daraus. Rainbow-Gitarrist Richie Blackmore war der Überzeugung, dass aus seinem E-Gitarrensound Beethoven herauszuhören sei. Jeff Lynne, Leader der 70er-Jahre-Kultband ELO, ließ das Bonner Genie gar über einen Rock´n Roll hüpfen, den er ihm eigens widmete.

Ein Chor- und Geigendenkmal

Beatle-Star Paul McCartney ging noch einen Schritt weiter: Mit seinem 1991 komponierten Oratorium setzte er sich selbst ein Chor- und Geigen-Denkmal. Egomanie und Selbstüberschätzung gehen bekanntlich Hand in Hand.

Es gibt nichts schönzureden: Das Werk ist misslungen. Musikalisch, literarisch, künstlerisch. Es ist ein Mix aus Soap, Musical und Klamauk, aufgeblasen mit einer rührenden Schicksalssemantik, getarnt mit der Weihe von Orgelnebel und Sängerpathos, zusammengehalten durch die Klammer Gott. Musik und Text stehen nicht in Beziehung zueinander. Es ist ein unerträglicher Kitsch: Ein bisschen Krieg, ein bisschen Krisen, ein bisschen Frieden, und alles löst sich in Wohlgefallen auf, ist man nur von Gott und dem Sinn des Lebens überzeugt. Für dieses gefühlstriefende Verständnis von klassischer Musik freilich können die Beteiligten der Aufführung nichts: Die Chorgemeinschaft Fürstenfeldbruck, der Jugendchöre Sound of Voices und Grashoppers, der Gesangverein Maisach sowie die Vogtland-Philharmonie unter der Leitung von Klaus Linkel holten aus dem McCartney-Opus raus, was rauszuholen ist. Alle boten eine durch und durch beeindruckende Leistung: Die Chöre glänzten mit Pfiff, Verve und einer breiten Farbpalette, das Orchester fügte sich geschmeidig in den Handlungsgang ein, und die Solisten (insbesondere Sopranistin Susanne Winter) färbten die auftretenden Charaktere mit Wärme und Charme. Zu guter Letzt konnte man der Musik doch noch so etwas wie ein sinnliches Vergnügen abgewinnen dank des Sprechers Ortwin Spieler, der sich mit seinen feinen Schattierungen in der Artikulation auf Spannungselemente verstand.

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Fürstenfeldbrucker Tagblatt: Mozart-Nacht

Mozarts Violinenkonzert leicht und schwerelos gespielt

Fürstenfelder Kultursommer: Geigerin Veronika Novotná begeistert das Publikum

VON RAFAEL SALA

Fürstenfeldbruck – Einfach unglaublich, wie klar und zart zugleich Mozarts Violinkonzerte klingen können. Während sich die Wolken über Kloster Fürstenfeld pechschwarz zusammenballten und ein launiger Wind Sturm befürchten ließ, schickte die Geigerin Veronika Novotná bezaubernd leichte Töne in die Lüfte.
Gut besucht war der Innenhof der Polizeifachhochschule Fürstenfeldbruck an diesem Wochenende – immer wieder ist dieser wie ein Quadrat eingefasste Wiesen Winkel mit dem Blick auf die wuchtige Südfassade des Fürstenfelder Gotteshauses ja eine Stätte exquisiter Konzerte. Und was passt besser zur Barock-Idylle mit Girlanden; Putten; Mauervorsprüngen, Blendwerk, Gips, Stuck und allerlei anderen Elementen verspielter Lebensfreude als ein reiner Mozart-Abend?
In vollen Zügen, wenn auch bei unruhigem Wetter, genossen die Zuhörer die Serenade am Sommerabend im Rahmen des Fürstenfelder Kultursommers. Das lag vor allem an Klaus Linkel, dem Leiter der Tschechischen Kammerphilharmonie Prag, der an diesem Abend ein überaus glückliches Händchen hatte.

Kleine Nachtmusik umsichtig angepackt

Die „Kleine Nachtmusik“, Mozarts wohl populärste Streicher-Serenade, packte er umsichtig und klug an: Nie gestattete er ein Ausbrechen der Violinen, die es bei dem temperamentvollen Hauptthema schon einmal über Gebühr nach vorne drängen kann. Linkel hielt die Instrumentengruppen vielmehr in ausgewogener Distanz zueinander – nicht nur im Kopfsatz, der mit seinen Verzierungen wie ein einziges Vogelnest zu zwitschern scheint, sondern auch in der nachfolgenden, süßen Romance und dem abschließenden, wilderen Rondo.

So entstand ein wünschenswert abgeklärter Mozart, der übertriebene Färbungen nicht nötig hat, um dem Publikumsgeschmack zu entsprechen. Der stellt sich nämlich von selbst ein: Wenn man auf Akribie und forcierte Spannungen verzichtet, die einem Beethoven gut anstehen würden, bei Mozart aber zu verfehlten Show-Effekten führt.

Eine einzige Wonne war auch das A-Dur-Violinkon­zert KV 219; Mozarts wohl berühmtestes. Solo- und Orchesterpart befanden sich in vollkommenem Gleichgewicht. Novotná verzückte mit einem schlanken Ton, der sich gerade so viel Vibrato erlaubte, um die Melodienseligkeit und die Leichtigkeit dieser vier Sätze nicht zu gefährden. Glückliche Schwerelosigkeit: Und das, wo das nahende Gewitter über Kloster Fürstenfeld zu Boden drückte.

Fürstenfeldbrucker Tagblatt: Neujahrskonzert 2006

Seit langem ausverkauft waren die beiden Neujahrskonzerte, die die Chorgemeinschaft Fürstenfeldbruck im Stadtsaal des Veranstaltungsforums am Neujahrstag und gestern Abend gab. Der von Klaus Linkel geleitete Chor wurde von der Mährischen Philharmonie Olmütz verstärkt. Geboten wurde ein ausgewähltes Programm durchwegs eingängiger Musical- und Operettenmelodien, beispielsweise aus „Das Phantom der Oper“ oder aus Raymonds „Maske in Blau“. Foto: Voxbrunner

Paukenschlägen zur Eröffnung folgen am Ende Beifallssalven

Farbige Klänge beim zweiten Neujahrskonzert in Fürstenfeld

VON ARNO PREISER

Fürstenfeldbruck – Im Stadtsaal beeindruckten beim zweiten Neujahrskonzert neben dem plastischen und farbigen Klang der Mährischen Philharmonie Olmütz sowie erprobten Vokalsolisten die Brucker Chorgemeinschaft als sorgfältig einstudiertes Großensemble. Klaus Linkel gefiel als temperamentvoller Dirigent und äußerst geschickter Arrangeur der Gesangspartien, was die Chormitglieder durch hingebungsvolles Singen zu erwidern schienen.
Eröffnenden Paukenschlägen folgte besänftigender Soloflöten- und Harfen- sowie Streicherklang. Andrea Viaricci (Sopran) sang mit glaubwürdigem Musical-Pathos das Lied der egozentrischen Kaiserin Sissi („Ich gehör´ nur mir“). Elisabeth Hallberg (Sopran) ließ beim „Memory“ der vereinsamten Halbweltkatze Grizabella Wehmut einfließen – eine Nachtmusik, wie Moderatorin Lilli Linkel zu dieser Kostprobe aus Lloyd Webbers „Cats“ betonte. Unerfüllt blieb aber der Traum der Vietnamesin Kim vom Leben mit dem Marinesoldaten Chris aus Claude-Michel Schönbergs Musical „Miss Saigon“.
Fernöstlichen Orchesterrhythmen passten sich Viaricci und Christian Bauer, ein Tenor ebenfalls weichen Timbres, bei Liebesduetten vor und nach dem Vietnameinsatz an. Ebenso der Chor, den amerikanischen Traum teils heftig entlarvend. Bei so viel Tragik bot der Auftritt des aus Ulm außerplanmäßig reingeschneiten Tenors Leslie ter Jung mit Frank Sinatras Hit „New York, New York“ eine freudige Neujahrsüberraschung.

Slawisch gefärbte melodische Momente

Mit Ausschnitten aus Maury Yestons Musical „Titanic“ rundeten Terzett und Chor den Musical-Teil mit Dramatik ab. Franz Lehár als einem Stern am Himmel der silbernen Operette galt der nächste Teil. Den tschechischen Musikern schien die selten gespielte Ouvertüre, die Lehár Jahrzehnte nach der „Lustigen Witwe“ für den Konzertsaal schrieb, mit ihren slawisch gefärbten melodischen und dramatischen Momenten im Blut zu liegen. Tenor und Chor machten beim strahlenden „Freunde, das Leben ist lebenswert“ fast vergessen, dass Besucher der Uraufführung der „Giuditta“ 1934 in der Wiener Staatsoper – das Ende der Gattung Operette befürchtend – in Tränen ausbrachen. In Bruck erinnerten Andrea Viaricci an den „Graf von Luxemburg“ und Elisabeth Hallberg an „Zigeunerliebe“. Letztere mit leuchtendem Csárdás-Lied vom „süßen Land der Muttersprache“ im Wetteifer mit lieblichem Konzertmeisterton.
Der Chor mit genauen Einsätzen, deutlicher Artikulation und Aussprache, sowie einfühlsamem Modulieren, bewährte sich bei dem rhythmisch nicht leichten Lied „Am Rio Negro“. Auch die Solisten waren bei den flotten Schlagern aus der „Maske in Blau“ von Fred Raymond in ihrem Element. So ertönten am Ende Beifallssalven.